Wie stark einzelne Staaten vom Wandel profitieren oder an ihm Schaden nehmen, hängt von vielen Faktoren ab. Es lässt sich aber zumindest grob abschätzen, welche Länder potenziell am stärksten betroffen sind.
Verlierer
Volkswirtschaften sind unterschiedlich stark auf den Export von Kohle, Öl und Gas angewiesen. In Ländern wie Libyen, Kuwait, Irak, Saudi-Arabien oder dem Kongo machen die Einnahmen daraus bis zu 40 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) aus.
Einnahmen in Prozent des BIP
Schrumpfen die Gewinne aus fossilen Exporten, ist das auch innenpolitisch relevant. Denn die betroffenen Regierungen finanzieren aus diesen Einnahmen oft weitreichende Geschenke an die Bevölkerung und erkaufen sich so deren Loyalität. Ein Ausfall dieser Einnahmen könnte zu zivilen Unruhen führen.
Je höher das Pro-Kopf-Einkommen eines Staats ist und je größer seine finanziellen Reserven sind, desto besser stehen seine Chancen, die negativen Folgen des Wandels abzufedern. Die schlechtesten Voraussetzungen haben laut einer Untersuchung der IRENA-Kommission Libyen, Angola, der Kongo, Osttimor und Südsudan.
Der außenpolitische Einfluss einer Nation wird ebenfalls zum Teil durch fossile Rohstoffe bestimmt: Vor allem der Anteil am globalen Öl- oder Gasmarkt spielt hier eine Rolle - wobei der Anteil umso stabiler bleiben dürfte, je geringer die Förder- und Produktionskosten des Rohstoffs sind. Staaten mit geringen Produktionskosten haben sogar die Chance, bei sinkender Nachfrage zunächst Marktanteile zu gewinnen. Langfristig dürften aber auch sie an Einfluss verlieren.
Anteile am Weltölmarkt
Ein weiterer außenpolitischer Machthebel ist der Zugriff auf wichtige Handelsrouten. Folgende Karte zeigt exemplarisch, welche Staaten momentan Teile des globalen Ölhandels lahmlegen können. Mit einem wachsenden Ausbau erneuerbarer Energien dürfte dieses Druckmittel zusehends an Wert verlieren.
Verschifftes Öl in Barrel pro Tag
Gewinner
Importeure fossiler Energieträger profitieren mehrfach von der globalen Energiewende. Wenn immer mehr Länder erneuerbare Energien produzieren, dann erhöht das, erstens, die Versorgungssicherheit.
Ökostromanteil am Primärenergieverbrauch
Die Importeure können, zweitens, ihre Energiekosten senken. Denn sie müssen insgesamt weniger Rohstoffe einkaufen, wenn sie selbst mehr Ökostrom produzieren. Und die Energie, die sie noch importieren, wird obendrein günstiger: Laut einer Studie der Lappeenranta-Universität dürften die Energiekosten der EU-Länder um bis zu zehn Prozent fallen, sobald sie hauptsächlich Ökostrom aus Nachbarstaaten beziehen und kaum noch Öl, Gas oder Kohle vom Weltmarkt. Voraussetzung dafür wäre ein EU-weites, intelligentes Stromnetz.
Staaten, die sich umstellen, erschließen sich, drittens, neue Einnahmequellen: Es winken Milliardengewinne aus dem Verkauf von grünem Strom, von Ökostromanlagen oder der dafür nötigen Komponenten und Dienstleistungen. Länder wie China, Japan oder Deutschland nehmen mit entsprechenden Wertschöpfungsketten schon jetzt Milliarden ein.
Wertschöpfung aus grüner Technologie in Mrd. Dollar